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 Projekt 
Ausstellungsansicht Wir Flüchtlinge Badischer Kunstverein, 2016, Foto: Stefan Baumann bild_raum
Ausstellungsansicht Wir Flüchtlinge Badischer Kunstverein, 2016, Foto: Stefan Baumann bild_raum
Ausstellungsansicht Wir Flüchtlinge Badischer Kunstverein, 2016, Foto: Stefan Baumann bild_raum
Typologie Podeste

Wir Flüchtlinge – von dem Recht Rechte zu haben

Badischer Kunstverein, Karlsruhe, 2016
Ausstellungsarchitektur: Studio Rustemeyer

Kuratiert von Anja Casser
Ausstellungsansichten: Stefan Baumann, bild_raum

Der Badische Kunstverein veranstaltet vom 22. April bis 12. Juni 2016 ein umfangreiches Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm zu den Themen Migration und Flucht. Hannah Arendts Essay „Wir Flüchtlinge“ gibt dem Ausstellungsprojekt Titel und konzeptuellen Leitfaden vor. In ihrem Essay, der 1943 unter dem Titel „We Refugees“ erschien und erst 1986 ins Deutsche übersetzt wurde, macht sich die Philosophin ausgehend von ihrer eigenen biografischen Situation über den Status von so genannten Flüchtlingen Gedanken und wendet sich gegen die üblichen Strategien ihrer Assimilation. Arendt plädiert für das Recht der Migrant_innen, politisch aktiv zu werden und an gesellschaftlichen Praktiken teilzuhaben. Als „Avantgarde ihrer Völker“ stellen sie politische Prinzipien wie Nationalstaatlichkeit, Staatsbürgerschaft und Territorialität notwendig in Frage.

Ausgehend von Arendts richtungsweisenden Gedanken und angesichts einer aktuellen Migrationsbewegung mit über 60 Millionen Menschen nimmt das Projekt im Badischen Kunstverein Wanderung und Migration aus verschiedenen Perspektiven in den Blick. Teilnehmer_innen aus Kunst, Theorie und aktivistischer Praxis sind eingeladen, ihre Arbeiten zu präsentieren und miteinander in einen Dialog zu treten. Die Formate reichen dabei von Dokumentar- und Kurzfilmen über Texte, Fotografien und Zeichnungen bis hin zu Performances, Installationen und Objekten. Neben einzelkünstlerischen Arbeiten präsentieren Ausstellung und Vortragsprogramm verschiedene Kollektive und Netzwerke.

Die Frage nach Identität ist zentrales Thema der Ausstellung, in der auch Aspekte wie Gender, Queer und Migration angesprochen werden. Rassismen in der Gesellschaft werden aufgedeckt, Begrifflichkeiten, Sprachregelungen und Sprachbarrieren kritisch hinterfragt. Es geht aber auch ganz konkret um die Visionen der Menschen und ihrer Lebensrealitäten auf der Flucht, an den Grenzen und in den Unterkünften. Der Rechtsstatus der Staatenlosen ist Thema einiger Arbeiten, während sich die Staatenlosen längst selbst politisieren. Einige der gezeigten Projekte und Arbeiten bieten auch konkrete Handlungsoptionen an, die in der Ausstellung nutzbar werden.

Die Ausstellung und das Veranstaltungsprogramm im Badischen Kunstverein markieren den Versuch, im Arendtschen Sinne die Diskussion über Flucht und Migration mit einem Blick nach vorne zu führen: Innerhalb einer eigens für die Ausstellung konzipierten Struktur (Raum des Optimismus) kommen die unterschiedlichen Ansätze in Vorträgen, Workshops und Seminaren zusammen, um an einem möglichst unabhängigen Ort über alternative Formen der Begegnung, Teilhabe und Gemeinschaft nachzudenken.